„Das ist kein Rost. Das ist Patina!“

13. September 2021
Eins unserer Ziele: Det Müller in Oldenburg © Andre Kirsch

Ein sonniger Aprilmorgen in Vechta: Wir stehen vor dem alten Zeughaus aus dem 17. Jahrhundert mit seiner ehrwürdigen Backsteinfassade. Doch wir wollen weder ins Museum noch in den Zitadellenpark. Unsere Aufmerksamkeit gilt allein dem Vorhof. Denn dort steht ein Ford Mustang GT, Baujahr 1968, 325 PS. Breitbeinig, kraftstrotzend, weltberühmt durch den Film “Bullitt“ mit Steve McQueen. Eins ist von Anfang an klar: wer hier einsteigt, fährt nicht bloß von A nach B, will keinen Sprit sparen und braucht keinen Touchscreen. Hier geht’s um echte Autoliebe. Und tatsächlich: der Puls erhöht sich, als wir uns dem legendären Muscle-Car nähern.
Alles an ihm sagt: „Komm, fahr mit mir!“ Genau das haben wir vor. Los geht’s!

68er Ford Mustang GT © Joey Banks

Zutaten


Zubereitung


Wir drehen den Zündschlüssel. Der 6,4-Liter-V8-Motor startet mit einem wuchtigen Brummen, das ganze Chassis vibriert. Es gluckert und blubbert wie es nur alte Ami-Schlitten können. Wir legen den Gang ein und spielen mit dem Gaspedal. Impulsiv nimmt der Mustang Fahrt auf. Sofort ist klar: der Name passt, in diesem Auto schlägt ein wildes Herz. Trotz der geballten Kraft unter der Haube rasen wir aber nicht mit Zeitdruck, wir rollen entspannt durchs Oldenburger Land. Zunächst nach Norden, in die Wildeshauser Geest. Doch egal, wohin es geht: Im Oldtimer ist immer der Weg das Ziel.

Das weiß auch unser Kunde Josef Ellers. In seinen Autohäusern in Vechta und Osnabrück stehen nagelneue Volvo in den Schaufenstern. Doch sein Herz schlägt auch für ältere Semester. Sage und schreibe neunzig Fahrzeuge hat er in den letzten dreiundvierzig Jahren gesammelt – von Henry Fords berühmter “Tin Lizzy“ bis zum Volvo PV 831, einem Original-Kurierfahrzeug des schwedischen Königshauses aus den fünfziger Jahren. Was macht für ihn den Reiz aus? „Zum einen die Technik. Die war früher noch schlicht und einfach – und funktioniert bis heute!” Und zum anderen? “Es macht einfach Spaß, mit den alten Rennern zu fahren. Ein völlig anderes Gefühl als heute – ungefiltert und direkt. Am schönsten sind aber die Reaktionen: Man bekommt überall ein Lächeln.” Und, welches Modell ist das Beste? Ellers zögert, die Wahl fällt schwer. Doch dann sagt er voller Überzeugung: “Der Jaguar E-Type. Eine echte Legende!” 

Eine Legende ist auch unser Mustang. Nicht nur wegen seines kraftvollen Motors, auch wegen seiner äußeren Werte. Ein eleganter Schwung ist eine Kunst, bei einer gepflegten Handschrift ebenso wie beim Design von Automobilen. Könnern dieses Fachs gelingt es immer wieder, mit der Gestaltung von Frontpartien oder Kotflügeln Emotionen zu wecken. Echte Hingucker eben! „Ooaaah“, kommentiert auch ein kleiner Autofan, als wir in Großenkneten an einer Ampel halten. Wir winken – er winkt strahlend zurück. Solche Reaktionen sind beim Oldtimer tatsächlich inklusive.

 

Josef Ellers Fahrzeughalle © Josef Ellers GmbH & Co. KG
Josef Ellers © Josef Ellers GmbH & Co. KG

Das ist auch bei unserer zweiten Station nicht anders. In Oldenburg treffen wir einen Mann mit Benzin im Blut: Det Müller, Moderator von “GRIP – Das Motormagazin” und “Mein neuer Alter” auf RTL2. Was fasziniert ihn an den Klassikern der Automobilgeschichte?

“Warum Old- und Youngtimer? Weil ich sie interessanter, schicker, rockiger und robuster finde. Alte Ford und Mercedes finde ich Spitze, Zuffenhausen geht natürlich auch. Und natürlich Amerikaner. Aber ich habe auch ’nen alten Gabelstapler.”

Und wie fühlt es sich an, am Lenkrad zu sitzen?

“Absolut authentisch und leidenschaftlich! Es geht um mehr als die Belüftung der Sitze oder Fahrkomfort. Nämlich um echtes, unverfälschtes Fahrgefühl, auch wenn das Blech drum herum schon reichlich Rost angesetzt hat.”

Die Begeisterung für Fahrzeuge aller Art kennt bei Det Müller keine Grenzen. “Chromjuwelen” nennt er sie. Für Umbauten gibt es bei ihm jedoch klare Regeln:

“Einen absolut gut erhaltenen Oldie auseinander zu reißen, um zum Beispiel einen E-Antrieb einzubauen, das sehe ich eher als Sünde an. Das kommt bei mir nicht in Frage!“

 

Det Müller © Andre Kirsch
68er Ford Mustang GT © Michael Aleo

Keine Sorge, haben wir nicht vor; der Mustang bleibt, wie er ist. Wir rollen weiter, Richtung Westen, wieder hinaus aufs Land, hinein ins Grüne. Wir passieren die Baumschulen des Ammerlands und ihre botanischen Meisterwerke. Man hört den Motor, man spürt die Straße. Es riecht, lärmt, rüttelt. Josef Ellers hatte Recht: Es ist ein sehr direktes Fahrgefühl. Det Müller aber auch: es rockt! Nach einigen weiteren Kilometern erreichen wir unser Ziel: das Zwischenahner Meer. Hat es länger gedauert als gewohnt? Ganz sicher. Doch unser Gefühl für Zeit haben wir längst verloren. Wir stoppen den Motor, er verstummt mit einem Holpern. Kurz genießen wir die Stille. Doch eigentlich wollen wir gleich wieder los. Der Weg ist das Ziel.

 

Das Zwischenahner Meer / © Ammerland Touristik

Oldtimer-Tipps in der Nähe

Im Oldenburger Land gibt es attraktive Oldtimer Rallyes. Dabei geht es nicht um Geschwindigkeit, sondern um Geschicklichkeit. Und natürlich: um Genuss. Zu den bekanntesten gehört die Graf Anton Günther Rallye des MSC Oldenburg ( oldenburger-classic-days-com). Sie kann in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie leider nicht stattfinden.

Reizvolle Routentipps für Oldtimer – oder für unbeschwerte Ausflugsfahrten in neueren Fahrzeugen – bietet „Überland – das neue Tourenmagazin für Norddeutschland“ unter verlag.weser-kurier.de/ueberland/.

Auf den Geschmack gekommen? Aber noch fehlt das Kleingeld für den eigenen Oldtimer? Gemeinsam mit einem LzO-Kundenberater überlegen, was geht. Zum gemeinsamen Termin geht es hier entlang.